Mai, aber da fehlt doch was!

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Zunächst fiel es gar nicht auf. Es waren ein paar Pflanzen weniger als sonst. Im letzten Jahr wurde ich nachdenklich, und nun im Mai 2022 musste ich der Ursache nachgehen. Wo sind die Akeleien geblieben? Diese wunderbaren Stauden haben offenbar so etwas wie Corona bekommen, in derselben Zeit! Auch wieder eingeschleppt aus Ostasien. Zunächst breitete sich die Seuche in Großbritannien aus, seit 2020 hat sie auf dem Kontinent fußgefasst. Wie sie sich bemerkbar macht? Die Blätter werden gelblich hell, rollen sich dann leicht nach oben. Das Wachstum der Akelei wird stark gebremst. Es gibt einiges darüber zu lesen, der Erreger heißt Perenospora aquilegiicola. Die Senckenberg-Gesellschaft hat sich ihrer angenommen und erstaunt festgestellt, dass der Erreger des »Falschen Akelei Mehltau« mehr mit Braun- und Kieselalgen als mit Pilzen zu tun hat. Mehr dazu in der »Gartenpraxis« Nr. 4/2021 und im Internet.

Hier nun aber eigene Beobachtungen: Im oberbayerischen Garten führten die Akeleien ein üppiges Leben. Vor langer Zeit hatte ich auf einer italienischen Alpenwiese Samen von Aquilegia atrata geerntet. Ihr wunderbares Tiefviolett verbündete sich im Garten bald mit den verschiedenen Farben der schon ansässigen Aquiligia Vulgaris-Hybriden. Neben vielen Blau- und Violett-Tönen erschienen rötliche und weiße, auch blau-weiße Exemplare, jedes Jahr in neuen Kombinationen. Der Mai wurde regelmäßig ein Akeleien-Fest. Vor der Blüte mussten sogar Pflanzen als lästiges Beikraut gejätet werden, so reich war die Vermehrung.



Jetzt 2022 sind die wenigen Akeleien gehütet und bewacht. Noch gibt es keinen Totalschaden, obwohl davor schon gewarnt wurde. bleiben einzelne Pflanzen gesund, so kann das verschiedenste Ursachen haben. So fiel auf, dass Akeleien auf offenem Boden an sonnigen Stellen eher vom »Mehltau« befallen wurden als Pflanzen im feuchteren Halbschatten, vor allem in Gesellschaft anderer Pflanzen. Auch am Arbeitsplatz, wo viel mit Kompost gewirtschaftet wird, sehen die Akeleien gut aus.

Und andererseits: Dass eine Pflanzenart durch Schädlinge ausgerottet wird, ist sehr unwahrscheinlich und würde biologischen Grundwahrheiten widersprechen. Früher oder später entstehen resistente Individuen, die einen neuen Bestand aufbauen. Das wäre im Falle »Falscher Mehltau« die Ideallösung. Hoffnung besteht auch dank der Vielfalt an Akelei-Arten. 120 Spezies kommen in den nördlichen gemäßigten Breiten vor, sollten darunter nicht widerstandsfähige sein?

Es gilt abzuwarten, weiter zu beobachten. Und nicht zu resignieren! Auf Akeleien verzichten? Nein! Und noch ein Tipp: Die kranken Pflanzen ausgraben und in die Hausmülltonne damit.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert