Cyclamen-Zeit

Text: Christian Seiffert
Fotos: Christian Seiffert, Gerlinde Sachs, Staudengärtnerei Gaißmayer

Nun, es ist kaum verwunderlich, wenn die meisten Menschen ihre erste Cyclamen-Begegnung mit einem Topf-Alpenveilchen haben. So ging es auch mir. Ich musste 40 Jahre alt werden, bis ich endlich »Alpenveilchen« am Naturstandort betrachten konnte.
Wieder einmal waren es die Höhenzüge und Gebirge rund um den Gardasee. Spätsommerzeit: Aus dem Kalkgestein schauten dunkelrosa Blüten hervor, dekoriert mit fein gezeichnetem Laub. In der Nachbarschaft Sempervivum tectorum und Allium senescens ssp. montanum. Wie kommen Cyclamen in und unter den Kalkstein? Nun, in der Nähe beginnt ein Mischwald mit Laub- und Nadelbäumen. Hier gibt es Cyclamen in Massen. Man muss wissen, dass Cyclamensamen von Ameisen verschleppt werden. So geraten sie auch unter den Kalkstein. Und sie blühen dann in voller Sonne. Ihre Knollen aber liegen im kühlen Schatten unter dem Gestein. Normalerweise findet man die Cyclamen im Waldmullboden über dem Kalkgestein.

Die Gardasee-Alpenveilchen sind Cyclamen purpurascens, eine Art, die früher C. europaeum genannt wurde. Im Berchtesgadener Land ist ihr einziges Vorkommen in Deutschland. Aber je wärmer die Kalkalpen nach Süden zu werden, desto häufiger findet man diese Art. Ihr Hauptvorkommen liegt in Slowenien und Kroatien.

Ein italienischer Freund brachte mir ein paar Knollen mit, die er offenliegend bei einem Straßenbau fand. Anfangs standen sie im Garten unter Kiefern, wo sie nur spärlich blühten. An einen sonnigeren Standort versetzt, beginnen sie regelmäßig im Spätsommer mit üppiger Blüte. Ihr Duft ist von unbeschreiblicher Schönheit. Kühle, süße Lieblichkeit? Der Duft ist vollkommen in seiner Klarheit. Während man von anderen Duftern schnell »die Nase voll hat«, weil ein Übermaß bald zum Gestank wird, bleibt Cyclamenduft klar und angenehm. In seinen warmen Heimatregionen ist Cyclamen purpurascens immergrün. Bei uns in Oberbayern verliert es sein Laub im Laufe der ersten Jahreshälfte und treibt erst wieder kurz nach der Blüte richtig aus.

 

Eine Art, die es häufig zu kaufen gibt

Die am häufigsten angebotene Alpenveilchenart ist Cyclamen hederifolium, das Efeublättrige Alpenveilchen. Früher hieß es Cyclamen neapolitanum, da glaubte man zu wissen, wo es herkommt. Aber sein Vorkommen reicht weit über Italien hinaus. Auch diese Art steht bei mir im Garten, im lichten Schatten von Buchs und Goldregen. Seine Blüte beginnt Anfang September und reicht bis in den Oktober hinein. Das Phänomen dieser Art: Die Pflanzen, also die Knollen, werden von Jahr zu Jahr immer größer. Beim Kauf hatten sie die Größe eines Zweieurostücks, jetzt scheinen sie 25 cm Durchmesser zu haben. Und: Sie versamen sich.

Ihr Duft ist ähnlich angenehm wie beim »Europäischen Alpenveilchen« aber nicht so intensiv- und es gibt Pflanzen, die überhaupt nicht duften. Der Cyclamenspezialist Eugen Schleipfer erzählte mir, dass er am Naturstandort, dicht beieinander, duftende und nichtduftende Exemplare gefunden hat. Übrigens ist das auch bei Cyclamen persicum so, aus dem unsere Topfalpenveilchen gezüchtet worden sind. Und so kommt es, dass es unter den Topfpflanzen manchmal duftende Exemplare gibt, die meisten aber nur einen stumpfen Hauch von sich geben. Vielfach ist der Duft bei der Züchtung verschwunden, weil man das Augenmerk zu sehr auf die optische Schönheit richtete (siehe auch Rosenzüchtung!)

Winterblühende Alpenveilchen

Jedes Jahr eine Überraschung sind die Blüten von Cyclamen coum. Ein Blick Ende Januar aus meinem Arbeitszimmer auf die nach Süden geneigte Partie im Senkgarten: Da leuchtet es dunkelrot aus dem abtauenden Schnee heraus. Ganz einzeln und doch ein Wunder. Ein Gärtner aus der Türkei erzählte mir von dem überaus üppigen Vorkommen dieser Art unter Haselnussplantagen an der Schwarzmeerküste.
Leider duften die roten Cyclamen coum nicht, wohl aber die weißen, die wiederum den Nachteil haben, im Spätwinter kaum aufzufallen.

Topf-Alpenveilchen

Diesen sehr beliebten Topfpflanzen ist häufig nur eine kurze Lebensdauer vergönnt. Dabei könn(t)en sie über 30 Jahre alt werden. Cyclamen persicum, um diese Art handelt es sich, braucht eine lange sommerliche Trockenzeit. Mit Beginn der Regenzeit treiben sie ihre Blätter aus und nach geraumer Zeit folgen die Blüten. Wenn man nach der Blüte den Topf an einen schattigen Ort stellt und ihn nicht mehr gießt (etwa von Mai bis August), ist schon viel gewonnen. Dann sollte man die Knolle in einen größeren Topf und in nahrhafte Erde umsetzen. Denn die gerade gekauften Cyclamen umgibt nur ein Minimum an torfreicher Erde. Und nun wird wieder – zunächst sparsam – gegossen.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text: Christian Seiffert
Fotos: Christian Seiffert, Gerlinde Sachs, Staudengärtnerei Gaißmayer