Eine kleine Gartenmusik

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Es liegt schon ein paar Jahre zurück, als das Motto der Gartenmesse »Blühendes Österreich« in Wels lautete: »Feste feiern im Garten«. Ich habe es in meinem Modellgarten auf dieser Messe auf meine Weise in die Tat umgesetzt – und nicht nur dort.

Wir saßen nach dem Ende der Messe »Blühendes Österreich« in einer kleinen Gruppe im Garten von Karl Ploberger auf der Terrasse. Ploberger, von seinen Freunden kurz »Plo« genannt, ist leidenschaftlicher Biogärtner und im Hauptberuf Moderator von Gartensendungen beim österreichischen Fernsehen ORF. Er hat aber auch vor fast 30 Jahren die Messe »Blühendes Österreich« ins Leben gerufen, wo die Landschaftsgärtner Österreichs Modellgärten unter einem bestimmten Motto anlegen. Eine kleine Gruppe um Plo, zu der auch ich gehörte, teilte sich während der Messe eine größere Fläche in einer Messehalle, auf der jeder der Gruppe einen fünf mal fünf Meter großen Schaugarten nach dem jeweiligen Motto anlegte und auf der Vortragsbühne der Messe dazu einen Vortrag hielt.

Auf der Terrasse von Plo berieten wir nun über das Motto der nächsten Messe. Plo schlug vor: »Feste feiern im Garten«. Ich war der einzige, der davon nicht begeistert war, denn mir kamen Bilder von Grillgeräten und Rauchschwaden, von billigen Gartenmöbeln aus Plastik in schrillen Farben, Girlanden mit roten und blauen Laternen und ähnlichem Kitsch in den Sinn. Mir kam dieses Thema reichlich profan vor. Doch ich wurde überstimmt. Ich überlegte, wie ich diesem Motto auf eine anspruchsvollere Weise gerecht werden könnte. Da fiel mir spontan eine Musik ein und bald darauf der Titel meines Gartens: »Eine kleine Gartenmusik« in Abwandlung von Mozarts kleiner Nachtmusik.

Blumenlieder

Ich ließ mir für meinen Schaugarten eine kleine Konzertmuschel bauen. Deren Dach begrünte ich und arrangierte in diesen grünen Teppich einen Violin- und einen Bassschlüssel aus dunkelroten Dachwurzen. In dem kleinen Garten rundherum pflanzte ich Frühlingsblumen, die in Liedern vorkamen: Tulpen und Narzissen, Veilchen, Schlüsselblumen. Es war gar nicht leicht, genügend passende Pflanzen zu bekommen, die zu dieser Jahreszeit, Anfang April, blühten. Dazu fertigte ich Schilder mit Versen aus Liedern, die diese Blumen besangen und stellte die Schilder vor den jeweiligen Pflanzen auf.

Ein Xylophon aus Flaschen

Außerdem hatte ich mir ein neues Musikinstrument ausgedacht: ein »Flaschenxylophon«. Dazu stellte ich zuhause acht leere Weinflaschen aufs Klavier, die ich nach und nach mit Wasser füllte und mit einem hölzernen Kochlöffel dagegen schlug. Den Ton verglich ich mit dem Klavier, füllte jeweils etwas Wasser nach oder leerte auch wieder ein wenig aus, bis der Ton in der Flasche mit dem des Klaviers übereinstimmte. So bekam ich nach vielen Versuchen eine F-Dur-Tonleiter hin. Den Wasserstand in den Flaschen markierte ich mit einem Strich und schrieb die jeweilige Note darauf. Diese Flaschen hängte ich an der Außenseite der Konzertmuschel mit dem Kochlöffel auf. Und siehe da: nicht wenige Besucher der Messe versuchten auf meinem Flaschenxylophon ein Lied zu spielen.

Das Innere der Konzertmuschel dekorierte ich mit einem kleinen Akkordeon, einer Konzertina, Flöten, einer Melodica, ein paar Notenblättern und meiner Gitarre. Und ich hatte dann während der Messe zwei Mal meinen Auftritt, bei dem ich zur Gitarre das Lied von Reinhard Mey sang: »In meinem Garten blühte blau der Rittersporn ...« Ich hatte viel Lampenfieber, und mein Gesang war sicher kein Meisterwerk. Immerhin bekam ich Beifall und niemand buhte mich aus.

Eine kleine Elbphilharmonie

Wie nach jeder Messe, wurde mein Garten natürlich abgebaut. Doch ich dachte danach an meinen Reihenhaus-Garten zuhause. Dort wollte ich einmal auf der Terrasse Gitarre üben. Meine Frau meinte, das könne ich mit Rücksicht auf meine Nachbarn nicht machen. Und in der Tat, bei dem Gedanken, dass meine Nachbarn alle meine Fehler mit anhören und von den ständigen Wiederholungen der immer wieder selben Stellen genervt werden, verspielte ich mich erst recht. Da kam mir die Idee, eine ähnliche »Konzertmuschel« wie auf der Messe in meinem Kreativgarten zu bauen. Ich verwendete für die Seitenwände alte Europaletten und begrünte auch das Dach dieser Konzertmuschel. Die Akustik ist sehr gut, und im Sommer übe ich gern darin. Als mein Bauer Schorsch das kleine Bauwerk sah, bot er mir an, die Seitenwände mit den Stegen der Paletten von seinen Leuten verkleiden zu lassen. Doch das lehnte ich dankend ab. Gemäß meinem Prinzip, den Garten mit Altmaterialien zu gestalten, soll man die auch sehen. Etwas später kam ein Bauingenieur in den Garten, lobte die Akustik und sagte, sie sei auf die freiliegenden Stege der Paletten zurückzuführen und meinte: »Das ist so ähnlich wie bei der Elbphilharmonie in Hamburg ...« Dieser Vergleich war sicher nicht so ganz ernst gemeint, doch er wies mich darauf hin, dass man dort auch Pfeiler und Stege eingebaut hat, die den Schall brechen und so für einen reinen Klang sorgen.
So gesehen habe ich eine kleine Elbphilharmonie im Garten, zumal die ja auch am Wasser, nämlich an unserem kleinen Badeteich steht.

Wolfram Franke
aus Vaterstetten Handfeste Gartenarbeit und Schreiben, sowohl mit grüner Tinte als auch mit dem Computer, gehören für Wolfram Franke zusammen. Seinen seit 1994 gewachsenen Kreativgarten in Vaterstetten hat er mit alten Baustoffen gestaltet.
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Text und Fotos: Wolfram Franke