Die Blume auf dem Umhang der Venus

Text: Antje Peters-Reimann

Foto 1: Quelle: Wikimedia Commons: Sandro Botticelli: Die Geburt der Venus
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sandro_Botticelli_046.jpg

Foto 2: Quelle: Wikimedia Commons: Pâquerettes (french for »daisies«) by William-Adolphe Bouguereau.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:William-Adolphe_Bouguereau_(1825-1905)_-_Daisies_(1894).jpg

Foto 3: Quelle: Wikimedia Commons: Friedrich Böhringer, Gänseblümchen beim Aufstehen ( Bellis perennis )
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_Gaenseblume4.JPG

Als die Göttin Venus in Sandro Botticellis berühmtem Bild »Die Geburt der Venus« auf einer Muschel stehend dem Meer entsteigt, reicht ihr eine Nymphe einen Mantel, mit dem sie ihre Nacktheit bedecken kann. Das kostbare Kleidungsstück ist über und über mit Gänseblümchen bestickt (deren botanischer Name »Bellis« deutlich charmanter klingt). Und in dem Märchen »Das Gänseblümchen« von Hans-Christian Andersen heißt es über das zarte Gewächs: »Nein, wie ist doch das Gras so weich! Und sieh, welch eine süße kleine Blume mit Gold im Herzen und Silber im Kleid!«. Den Volksnamen Gänseblümchen trägt die Pflanze wohl deshalb, weil man sie früher oft auf Gänseweiden antraf – daneben gibt es für sie noch viele weitere Bezeichnungen wie Tausendschön, Maßliebchen oder Marienblume.

Mit dem Gänseblümchen verbinden sich eine Vielzahl schöner Geschichten: So erzählt eine Legende, das zarte Blümchen sei aus den Tränen Marias entstanden, als diese nach Ägypten fliehen musste, um ihr Kind Jesus vor seinen Verfolgern zu schützen. Das Gänseblümchen ist zart anzusehen und doch äußerst robust. Nachts und an regnerischen Tagen schließt es schützend seine Blütenblätter um den gelben Blütenkorb. Und so verwundert es nicht, dass die zierliche Staude zu einem Symbol für Mütterlichkeit und Fürsorge wurde.

Vielen von uns ist das Pflänzchen als Orakelblume geläufig. Im Spiel zupft man einzeln seine Zungenblüten mit den Worten ab: »Er liebt mich – er liebt mich nicht....«. Und wenn es das Glück gut mit einem meint, bedeutet das letzte verbliebene Blütenblatt, dass der Angebetete die Liebe erwidert. Schon in Goethes »Faust« spielt Gretchen dieses Spiel mit einer »Sternblume«, die wohl das Gänseblümchen meint.

Einem alten Aberglauben zufolge soll demjenigen Erfolg bei Verhandlungen beschieden sein, der am Johannistag (24. Juni) zur Mittagszeit ein Gänseblümchen pflückt, trocknet und dann während des Jahres bei sich trägt. Wer die ersten drei Gänseblümchen im neuen Jahr verspeist, wird dann vor Zahnschmerzen oder Fieber geschützt sein. Dem Gänseblümchen wird entzündungshemmende, wundheilende, schmerz- und krampflindernde Wirkung nachgesagt. Neben Saponinen, ätherischen Ölen, Bitterstoffen, Flavonoiden und Gerbstoffen enthält es zudem die Vitamine A und C, Mineralien und Eisen. In der alternativmedizinischen Kinderheilkunde nutzt man es als Teil einer Teemischung bei Erkältungsbeschwerden, Husten und Durchfall. Auch als eine Art erste Hilfe bei Insektenstichen soll der Pflanzensaft des Gänseblümchens wirken – ähnlich, wie man es vom Wegerich kennt. Dass das Gänseblümchen vor allem im Mittelalter bei so vielen Krankheiten Anwendung fand, verwundert wenig, denn den Menschen dieser Zeit standen neben Pflanzen nur wenige andere Behandlungsalternativen zur Linderung ihrer Leiden zur Verfügung.

Heute werden die etwas bitter schmeckenden Blüten gerne in der Wildkräuterküche zum Beispiel als Beigabe zu Salaten oder Kräuterbutter verwendet. Und wenn man die ungeöffneten Knospen in Essig einlegt, lassen sie sich wie Kapern essen. Guten Appetit!

 

Antje Peters-Reimann
Antje Peters-Reimann ist Gartenhistorikerin und Journalistin in Essen. Sie hat sich der Geschichte der Gartenkunst verschrieben und berichtet berichtet über bekannte und unbekannte Gärten und ihre Schöpfer und erzählt spannende »grüne Geschichten«!...
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Text: Antje Peters-Reimann

Foto 1: Quelle: Wikimedia Commons: Sandro Botticelli: Die Geburt der Venus
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sandro_Botticelli_046.jpg

Foto 2: Quelle: Wikimedia Commons: Pâquerettes (french for »daisies«) by William-Adolphe Bouguereau.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:William-Adolphe_Bouguereau_(1825-1905)_-_Daisies_(1894).jpg

Foto 3: Quelle: Wikimedia Commons: Friedrich Böhringer, Gänseblümchen beim Aufstehen ( Bellis perennis )
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_Gaenseblume4.JPG