Für die Zukunft pflanzen

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AT: Lieber Dieter, endlich treffen wir uns mal wieder »auf eine Staude« – wobei Staude?? Zwar sind wir beide staudenbegeistert und waren fest entschlossen, uns über unsere gemeinsame Leidenschaft auszutauschen, aber wie kommt es bloß? - bisher ging es um Einjährige (der tolle Orient-Knöterich), Kurzlebige (das süße kleine Mauseschwänzchen) und Gräser - na ja, die zählen immerhin botanisch zu den Stauden.
Tja, und heute wird das wieder nichts mit den krautigen Schönheiten, denn wir müssen unbedingt über den Lars Kasper, sein großartiges Projekt zum Thema Klimawandel-Gehölze und Euer neuestes Vorhaben auf der Jungviehweide sprechen!

DG: Ja, der Lars Kasper ist wirklich sehr solide ans Werk gegangen, ein junger Baumschulmeister, der mit großem fachlichem und ökologischem Engagement Antworten auf den Klimawandel sucht und Bäume aus vielen Regionen der Welt auf ihre Tauglichkeit in unserem sich dramatisch ändernden Klima sucht. (Lacht) Und ausgerechnet Du Nordlicht hast mich auf ihn aufmerksam gemacht, wo er doch bei mir quasi um die Ecke im Schwabenland lebt!

 

AT: Genau, entdeckt habe ich ihn im Blog von Petra Pelz, mit der Ihr hier auf der Jungviehweide ja auch schon lange freundschaftlich verbandelt seid. Ich war sofort fasziniert von Lars Kaspers Idee, Samen von Bäumen aus klimatisch ähnlichen Weltregionen zusammenzutragen, die Keimlinge mit viel Geduld und Fachwissen heranzuziehen und allen Interessierten zum Auspflanzen anzubieten. Außerdem arbeitet er ausschließlich mit biologischem Pflanzenschutz und stärkenden effektiven Mikroorganismen. Chemie und Gift sind tabu. Über manche seiner Gehölze gibt es hier bereits ermutigende Erfahrungswerte, über viele aber auch nicht. Die Hoffnung ist, dass sie - wenn sie sich als nicht invasiv herausstellen - einmal Alternativen für Gehölze sein können, die bei uns zunehmend versagen. Da ist der Niedergang der Fichtenwälder leider nur ein trauriges Beispiel.

Als ich das letzte Mal bei Euch im Schwabenland war, haben wir ja deshalb zusammen den Lars Kasper in Dörfchen Möhringen bei Riedlingen in seinem ungemein spannenden »Baumschul-Kindergarten« besucht.

DG: Genau, und sicher hast Du da schon geahnt, dass ich nicht nur ebenfalls begeistert vom Lars und seinem Projekt bin, sondern gleich die grauen Zellen anwerfen werde, um mit ihm zu netzwerken und zu kooperieren.

AT: Alles andere hätte mich schwer enttäuscht, mein Lieber!

DG: Du kennst mich recht gut inzwischen (schmunzelt). Und es ist eine richtig große Sache dabei herausgekommen! Wir haben reichlich Platz, das hat unsere Idee beflügelt: Ein Klimawald mit 111 verschiedenen Klimabäumen wird bei uns entstehen, angrenzend ans Gelände der Gärtnerei auf der Illertisser Jungviehweide. Denn auch wir finden, es ist höchste Zeit, Antworten darauf zu finden, welche Bäume für die Zukunft gerüstet sind. Welche werden trotz Wetterextremen wie großer Hitze, langen Trockenphasen, schweren Stürmen, sintflutartigen Regenfällen oder auch argen Kahlfrösten gedeihen und vor allem gesund bleiben?

AT: Ein sehr wichtiges, noch viel zu wenig thematisiertes Zukunftsfeld! Wie genau wollt Ihr das angehen, wie finanziert Ihr so ein großes Vorhaben? Wer betreut das Projekt?

DG: Siehst Du, da sind wir wieder beim Netzwerken. Unser grünes Netzwerk hier auf der Jungviehweide ist tatkräftig und verfügt über viele kundige, helfende Hände (und Köpfe). Die Gärtnerei, die Stiftung Gartenkultur und natürlich der sehr wichtige Verein Förderer der Gartenkultur e.V., und, sehr erfreulich, in der Region ist auch ILE/Landkreis Neu-Ulm unser Partner.
Das Vorhaben passt übrigens nahtlos zum bereits in direkter Nähe befindlichen »Illertisser Zukunftswald« der Bayerischen Forstverwaltung, mit bereits aufgepflanzten Zukunftsforstgehölzen, die das Forstrevier Illertissen betreut – ebenfalls ein tolles Projekt. Unbedingt empfehlenswert ist der dortige Illertisser Baum- und Kunstpfad. Er liegt (ausgeschildert) zwischen Staudengärtnerei und Autobahn. Über 100 verschiedene Baum- und Straucharten, Kunstwerke und viel Wissenswertes rund um den Wald können Besucher erleben. Ein Klimapfad setzt die ansteigenden Bayerischen Durchschnittstemperaturen mit den noch heimischen und bald möglichen Baumarten in Beziehung.
Die dortige Ausstellung »Zeitreise zum Zukunftswald« kann während der Illertisser Gartentage am 10./11.09.2022 besucht werden - zu denen wir übrigens auch Lars Kasper erwarten.
Insofern schließt unser Vorhaben nahtlos an diese wichtige langstreckige Forschungarbeit an.

AT: Und wann und wie geht es bei Euch an den Start?

DG: Eigentlich sind wir schon gestartet. Erste große Jungbäume wurden bereits gepflanzt und am Samstag, den 25.06.2022 werden wir im Rahmen unseres Aktionstags »Garten, Mensch und Tier« von 10.00-12.30 Uhr einen Baum-Kindergarten mit den ersten 61 von Lars Kasper aus Samen gezogenen (Noch)-Winzlingen pflanzen, denn die meisten dieser Bäume gibt es hierzulande noch gar nicht als große, bereits verschulte Exemplare – wir betreten also absolutes Neuland! Es gilt herauszufinden, ob die Eigenschaften der Bäume die Hoffnung erfüllen können, unsere heimische Flora zu unterstützen, ohne sie zu verdrängen. Nach drei Jahren dürfen die Baumkinder dann an ihren endgültigen Standort umziehen.
Hier kann man sich einen Überblick verschaffen über alle 111 »Kandidaten«.
Wir hoffen sehr, dass unser Crowd-Funding-Projekt »111 Klimabäume« in tatkräftiger Partnerschaft mit der Volksbank Ulm-Biberach viele Menschen erreicht und etliche Baumpatenschaften vermittelt werden können. Es würde uns freuen, wenn das Projekt über die Region hinaus ausstrahlt und Gleichgesinnte inspiriert!

AT: Lieber Dieter, ich bin mal wieder begeistert von Eurem Ideenreichtum und Eurer Schaffenskraft. Immer wenn ich bei Euch bin, werde ich die Baumkinder besuchen und schauen, wie sie sich entwickeln!

Angelika Traub
Aus dem Forsthaus | Angelika Traub betreut Redaktion und Lektorat unseres Gartenmagazins. Sie lebt und gärtnert am Rande des Sollings. Im großen Landschaftsgarten mit seinen weitläufigen Staudenpflanzungen und vielen besonderen Gehölzen kann sie...
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Text und Fotos: Angelika Traub