Der Vollfrühling und seine Gerüche

Die letzte und imposanteste Phase des Frühlings heißt Vollfrühling. Und der ist wahrhaft voll an Wohlgerüchen. Schon die Kennpflanze läßt uns schwelgen: Die Apfelblüte. Süß-säuerlich, frisch und aromatisch läutet sie diese große Zeit ein.

Das Schlusslicht des Vollfrühling ist weniger duftattraktiv: Es sind die Gräser, insbesondere der Wiesenfuchsschwanz und das Knaulgras, die nun zu blühen beginnen. Aber mit der Wiesenblüte setzt auch die Heubereitung ein, und damit ist eine, zumindest in den Grünlandgebieten großflächige Grundduftstimmung verbunden. Doch die können wir erst am Ende dieser Frühlingsphase genießen. Zurück zum Anfang.

Kein Vollfrühling ohne Flieder!

Gar nicht lange nach den Äpfeln beginnen die Flieder zu blühen. In ihrer Urform lila. Und das Wort lila, ein französisches Wort, bedeutet in Frankreich Flieder! Es duften aber nicht nur die lila Sorten. Die Züchter haben weiße bis tiefviolette, einfach blühende bis gefüllte Sorten hervorgebracht, und eine duftet so köstlich wie die andere.

Gegen Ende des Vollfrühlings zieht ein anderes Gartengehölz alle Register: Der Goldregen. Vom Flieder ist er nicht nur im Aussehen weit entfernt. Auch geruchlich liegen Welten dazwischen. Es ist etwas lupinenhaftes, zwar süßes aber eigentlich an Erbsen und Bohnen erinnernder Duft, der den Goldregen auszeichnet.

Niedrige Duftstauden

Als letzte Narzissen blühen die Dichternarzissen. Einige Zuchtformen sind relativ harmlos, aber die Wildart Narcissus poeticus var. recurvus, die es übrigens im Handel gibt, duftet wahrhaft poetisch. Und sie hat den Vorteil, sich durch Samen auszubreiten, vorausgesetzt, dass man die abgeblühten Stiele nicht schneidet.

Geradezu die Wappenpflanze des Vollfrühlings aber ist das Maiglöckchen, Convallaria majalis, eine ideale Kleinstaude zum Unterpflanzen laubabwerfender Gehölze. Der Duft dieses zarten, wenn auch hochgiftigen Wesens ist umwerfend schön, intensiv und lieblich.

Doch Geruche des Gartens und der freien Natur sind durchaus nicht immer lieblich und süß. In Auewäldern z.B. stinkt es in dieser Zeit ziemlich heftig nach Knoblauch. Es ist der Bärlauch, Allium ursinum, der sich an zusagenden Plätzen in Massen vermehrt und dann geruchlich sehr bestimmend werden kann.

Wenn man ihre Gerüche vergleicht, glaubt man kaum, dass Maiglöckchen und Bärlauch aus ein und derselben Familie kommen, beide sind Liliengewächse.

Gerüche der Wälder

Ganz langsam schließen sich das Blätterdach der Laubwälder. Das sprießende Laub und die austreibenden Nadeln aber geben den Wäldern die ganz besondere frühlingshafte Grundduftnote. Hinzu kommt der Waldboden, der sich erwärmt und erdig-frisch zu duften beginnt.Bei Spaziergängen stellt man fest, dass viele Waldstauden kaum duften. Zumindest, wenn man an ihnen einzeln riecht. Und dennoch: in der Masse bestimmen sie die Waldatmosphäre mit. Zarte Düfte vereinen sich zu einem erregenden Bukett.

Natürliche Stinkgerüche, die der Wald zu bieten hat, tun den Wohlgerüchen keinen Abbruch. Es scheint so zu sein, dass sie im Gegenteil den Genuss sogar steigern. Neben Bärlauch, dessen Knoblauch-Ausdünstungen sehr weit durch die Landschaft streichen, sind es z.B. einige Gehölze aus der Rosenfamilie, deren Blüten eher nach Käse riechen als nach Rosen. Es sind dies der Weißdorn und die Eberesche, beide gegen Ende des Vollfrühlings. Und wenn man nun am Wiesenrand an Margeriten riecht, nimmt man sehr ähnliche Undüfte wahr. Die Nase sollte man aber nicht rümpfen, verschiedenen Käfern und Fliegen bieten diese Blüten Labsal und Nahrung.


Vollfrühlingsdufter

Syringa meyeri ‘Palibin’
Obst- und andere Gartengehölze

Apfelblüte
Sauerkirschblüte
Flieder
Goldregen

Kurzlebige

Goldlack (Cheiranthus cheiri)
Silberling (Lunaria annua)

Waldgehölze

Blatt- und Nadelaustrieb
Erdboden
Eberesche
Weißdorn

Wiesen

Heugeruch der Kumarinduft des Ruchgrases