Nützlicher als Bienen: Schwebfliegen
Was ein dicker Brummer da hinten am Totholzhaufen. Von weitem könnte es eine Hornisse sein. Als das Tier sich setzt und auch sitzenbleibt, obwohl sich ein neugieriger Mensch nähert, ist klar zu erkennen: Es ist keine Hornisse. Es ist eine Hornissenschwebfliege, auch Riesenhummelschwebfliege genannt. Die größte Schwebfliege hierzulande, so groß wie ein halber kleiner Finger. Und wunderschön. Der Sonnenfleck, in dem sie sich niedergelassen hat, lässt sie leuchten wie in Gold getaucht.
Schwebfliegen (Syrphidae) heißen die Tiere wegen ihrer Flugweise. Sie schlagen in einer unglaublichen Geschwindigkeit mit ihren Flügeln, können so quasi in der Luft schweben und auf der Stelle manövrieren wie ein Hubschrauber. Sie sind nicht verwandt mit Hornissen, Wespen und Co., auch wenn ihr Tigerentenlook danach aussieht. Die schwarz-gelben Streifen dienen der Abschreckung – so vermutet man. Wer sich kleidet wie ein Insekt mit Giftstachel, muss gar nicht selber giftig sein. Potenzielle Fressfeinde halten aus leidvoller Lebenserfahrung ganz von alleine Abstand. Ein weiterer Grund ist Tarnung. Denn unsere Hornissenschwebfliege hier umkreist den Totholzhaufen wohl nicht ohne Grund. Vielleicht sucht sie ein Hummelnest oder eines von Hornissen oder Wespen. Ihre Optik ist der jeweiligen Community angepasst - so fallen sie weniger auf und werden nicht angegriffen. Dorthinein legt sie ihre Eier, die Larven leben dann mit im gemütlichen Staat. Als Gegenleistung verdingen sie sich als Putzkolonne, fressen Hinterlassenschaften, tote Insekten und halten das Nest sauber.
Andere Schwebfliegen lassen ihre Kinder in Ameisenbauten groß werden. Totenkopf-Schwebfliegen wachsen als Rattenschwanzlarve in schlammigem Brackwasser auf, Mistbienen (Syn. Scheinbienen-Keilfleckschwebfliegen) legen ihre Eier in tierischen Hinterlassenschaften ab. Manche leben unter der Borke bestimmter Bäume, andere in Distelwurzeln. Die Larven der häufigen Hain-Schwebfliege ernähren sich von Blattläusen. Hunderte Blattläuse am Tag frisst eine von ihnen. Manche Schwebfliegenlarven fressen auch Raupen oder Aas, andere leben in Holzmulm (sich zersetzendes Holz) wie die Moderholzschwebfliege.
Damit sind Schwebfliegen eine der nützlichsten Tierarten überhaupt. Anders als die so hochgelobten Bienen bestäuben sie nicht nur Blüten und das auch bei Witterungsverhältnissen für die vor allem Honigbienen gar nicht aus dem Stock kommen würden. Sie hängen als Larven auch nicht einfach in ihrer Brutröhre und futtern den Pollen, den die Eltern ihnen vor die Nase gelegt haben. Auch die Larven arbeiten schon fleißig im Nahrungsnetz der Natur.
Schwebfliegenarten gibt es hunderte, manche sind nur fünf Millimeter groß, andere bis zu zwei Zentimeter. Manche sind schlank, andere pummelig, manche sind dicht behaart, andere glänzend glatt. Naturgärten – und Staudengärtnereien – sind perfekte Lebensräume für Schwebfliegen. Hier finden alle Arten für ihre Larven das passende Futter und jede Menge Blüten gibt es auch. Erwachsene Schwebfliegen sind rein vegetarisch. Besonders gerne mögen sie Wilde Möhre und Wilden Dost, Holunder, Fette Henne, Mannstreu, Baldrian oder Oregano. Sehr wählerisch sind sie allerdings nicht.
Unsere Hummelschwebfliege hier hat offensichtlich kein Essen im Sinn. Vermutlich ist sie beim Dating. Die Männchen suchen sich dafür oft eine schöne Blüten als Ambiente. Dort sitzen sie und warten, dass sich eine vorbeikommende Dame niederlässt für einen Snack. Um ihr dann schnell auf den Leib zu rücken. Vielleicht ist das Tete-a-Tete aber auch schon gelaufen und die Schwebfliege in der Sonne ist eine werdende Mama, die jetzt eben ein schönes Hummel- oder Hornissennest sucht. Da ist sie hier am Totholzhaufen genau richtig.