Herbe Schönheiten, oft verkannt: Samenstände

Gehören Sie (noch) zu den ordnungsliebenden Gärtnerinnen und Gärtnern, die meinen, verblühte, braun gewordene Stauden sollten umgehend abgeschnitten werden und seien nur noch für den Komposthaufen gut? Schade eigentlich, denn viele Stauden und Gräser entfalten nach der Blüte ihren ganz besonderen Zauber und ästhetischen Reiz. Sie können im Vergehen ganz genauso anziehend sein wie in der Farbenpracht ihrer Blüte.

Wollig-silbrige Samenstände, in denen das Licht sich bricht, verzaubern auf ganz eigene Weise. Unterschiedlich geformte Hüllen und Kapseln vermögen ähnlich wie die reiche Palette der Herbstfärbung die Blicke auf sich zu ziehen, so dass reifende Samenstände zu markanten Blickpunkten im Garten werden.

Besonders im Herbst, wenn die Farben verschwinden, gewinnen Strukturen, Linien und Stimmungen an Bedeutung: So z. B. die grafische Wirkung aufrechter Stängel und haltbaren Fruchtschmucks von Agastachen, Phlomis oder Hohem Sedum. Oder die mystische Ausstrahlung mächtiger Großstauden wie Eupatorium fistulosum im Nebel. Und schließlich die Metamorphose, wenn Raureif oder Schneemützchen die warmen Brauntöne des Herbstes in eine Grafik aus strengen Schwarz-Weiß-Tönen verwandeln. Wer die Stauden allzu früh abschneidet, bringt sich um diese Eindrücke.

Sicher, nicht alle Früchte und Samen überdauern die Zeit. Leichte und fedrig-zarte Samenstände werden vom Herbstwind verweht. Früchte und Samen dienen Kleintieren und Vögeln als Nahrung. Regen und Schnee sorgen dafür, dass weniger stabile Stängel knicken und Pflanzen zusammenfallen. Doch lohnt es sich, die Erfahrung zu machen, dass Schönheit sich nicht lediglich im Farbrausch der Blüten äußert. Nicht nur das Werden, Entfalten und Erblühen, sondern auch das Reifen, Vergehen und der ständige Wandel sind unabkömmliche Aspekte in unseren Gärten und liefern immer neue Blickwinkel und Perspektiven - auf Gärten in jeder Saison: Karg, verheißungsvoll, berauschend, überschwänglich, üppig, hinfällig, verwelkend oder streng. Wie das Leben eben.

Beginnen wir mit unserer Bildergalerie von vorne - nicht erst im Herbst, sondern auch schon im ersten Halbjahr (im Mai und Juni) können Samenstände graziöse Bilder in unsere Gärten zaubern:

Samenstände sind nicht immer nur braun oder »farblos«. Vor allem im Hochsommer - im August und September - warten einige Pflanzen mit buntem Schmuck auf...

…der Formenreichtum ist aber auch dann schon immens und eindrucksvoll:

Ab Oktober präsentieren sich immer mehr Pflanzen im »herbstlichen Gewand«. Die Farbigkeit lässt nach, verblasst allmählich - Konturen und Strukturen treten in den Vordergrund.

Nicht alle Samenstände präsentieren sich über Wochen hinweg in prächtigem Gewand. Wind und Wetter tragen ihren Teil dazu bei und tragen fedrige Samen davon:

Pflanzen bilden Früchte und Samen natürlich nicht grundlos, die Erhaltung der Art will gesichert sein. Dies wiederum heißt aber nicht, dass sich all unsere Gartenstauden tatsächlich auch über Selbstaussaat verbreiten und der herbstliche Genuss des Samenstandes zwingend im Folgejahr mit Jätearbeit »bezahlt« werden muss. Viele hierzulande beliebte Stauden kommen nämlich in unserem hiesigen Klima erst gar nicht zur Samenreife oder sind gar steril. Außerdem bringen glücklicherweise nur wenige klassische Gartenstauden das Dilemma mit sich, ausnehmend hübsche Samenstände hervorzubringen und gleichzeitig zu heftiger Versamung zu neigen. Erwähnenswert ist freilich die Tatsache, dass längst nicht alle Pflanzen sich über Aussaat sortenecht erhalten lassen. Hin und wieder ist es also tatsächlich sinnvoll, Fruchtstände vor der Reife zu entfernen - so z. B. bei den hohen Sommerphloxen, deren Samenstände aber ohnehin nicht viel hermachen. Glück gehabt! Doch das ist ein eigenes Thema aus dem weiten Feld der Staudenpflege.

Hier ein paar grandiose Samenstände von Wildarten, deren Zierde meist eine größere Nachkommenschaft zur Folge hat - welcher Aspekt höher wiegt, mag jeder für sich entscheiden und entsprechend handeln:

Schreitet der Winter voran, verabschieden sich immer mehr Stauden aus unserem Blickfeld, um unter der Erdoberfläche zu überdauern. Der jährliche Zyklus vom Werden und Vergehen zeigt sich von seiner eher tristen Seite. Die meisten Blätter sind mittlerweile braun und dürr, trockene Halme und Stiele knicken um. Einige Samenstände allerdings trotzen den Unbillen der kalten Jahreszeit, erweisen sich als überaus standfest und vermögen auch im tiefen Winter noch mit eindrucksvollen Silhouetten die Blicke auf sich zu ziehen:

Der Beginn des neuen (Garten-)Jahres ist meist die kälteste Phase überhaupt. Frost, Raureif und Schnee sind prägend – die Landschaft präsentiert sich in »Schwarz-Weiß«:

Ja, und hier schließt sich dann der Kreis. Der Samenstand der Fetthenne hat den Winter überdauert, es ist März, und der Neuaustrieb ist schon deutlich zu sehen, die Pflanzenwelt erwacht zu neuem Leben.

Gehören Sie jetzt immer noch zu den »ordnungsliebenden« Gärtnerinnen und Gärtnern, die meinen, verblühte, braun gewordene Stauden sollten umgehend abgeschnitten werden?

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