Der Spätsommer und seine Gerüche

Ein wenig sinkt die Temperatur schon. Der Himmel wird klarer, die große Regenzeit läuft allmählich aus. Wir befinden uns in einer Zeit zwischen Euphorie und Melancholie.

Wer jetzt sein Ferienglück im Norden sucht, wird über das purpurne Heidekraut entzückt sein. Dem Phänologen sagt seine Blüte, dass die letzte Sommerphase begonnen hat, der Spätsommer.

Ob die Heide duftet? Vermutlich schon, sonst würden die Bienen nicht auf diese Flächen ausschwärmen und den besten Honig produzieren, den das Jahr zu bieten hat. Da die Heide großflächig in Erscheinung tritt, summiert sich der schwache Duft der Einzelpflanze zu einem zarten Duftchor.

Viel intensiver sind die Gerüche, die uns in dieser Spätsommerphase die Wälder zu bieten haben. Die lockeren, durchsonnten Kiefernwälder schwitzen Harz aus; in den dichten, dunklen Fichtenwäldern beginnt es nach Pilzen zu duften.

An manchen Seen mit nährstoffarmen Wasser breitet sich der Kalmus aus, mit seinem süß-herben, exotischen Blattduft. Er ist wirklich ein Exot, kommt aus Persien und ist außer Stande, sich bei uns durch Samen zu vermehren. Er macht es dafür vegetativ und das reichlich, wenn ihm Boden und Wasser zusagen.

In landwirtschaftlichen Gefilden mischen sich die Gerüche vom 2. Heuschnitt mit den Erntegerüchen der späten Getreide, Weizen und Hafer. Manches abgeerntete Feld bekommt einen kräftigen Gülleguss, und wenn es dann nicht gleich regnet, beherrscht der Geruch ein weites Umfeld manchmal sehr intensiv. Gülle hat nur sehr verdünnt eine gelegentlich interessante Note.

Und auch das gehört zur Landwirtschaft. Immer mehr Sonnenblumen werden zur Ölgewinnung angebaut. Ihre Blüte hat einen fruchtigen Duft, wie überhaupt die farbigen Indianerpflanzen, die den Spätsommer bei uns beherrschen, fruchtig duften. Rudbeckien, Goldruten, Sonnenbraut und Sonnenauge und die staudigen Sonnenblumen gehören dazu und natürlich der hohe Staudenphlox, der allerdings ganz anders riecht: ich würde sagen, er hat ein großmütterliches Parfum.

Im Garten ist nun aber auch die hohe Zeit der kurzlebigen Sommerblumen. Jetzt haben sie sich richtig entwickelt. Und da gibt es recht bemerkenswerte Dufter. Öffnen Sie mal den Rachen des Löwenmaules. Sein Atem ist künstlich, wie in einer Kaugummifabrik. Erfrischend herb dagegen der Blatt- und Blütenduft der Kapuzinerkresse. Das edelste an Blütenduft geben aber die Edelwicken von sich. Für sie braucht man jedes Jahr einen neuen Platz, sie sind wie die Erbsen selbstunverträglich.

Wer abends Zeit und Lust hat, der muss sich vor die Nachtkerzen setzen. Nicht nur wegen ihrer zeitrafferschnellen Blütenöffnung. Er muss auch an den Blüten riechen und wird dann begreifen, was die Nachtschwärmer trunken von Blüte zu Blüte schwirren lässt.

Zu guter Letzt zwei Geheimtipps:

Stauden, an die man nicht so leicht herankommt. Auf sandigen Magerstandorten Nord- und Ostdeutschlands blühen im Spätsommer mit gelben und bräunlichen Köpfchen Helichrysum arenarium. Immortellen werden sie gern genannt, weil man sie pflücken und trocknen kann, sie halten sehr lange, wie Strohblumen. Und nun der Geruch: die ganze Pflanze riecht intensiv nach Curry. Staudengärtner bieten verwandte Arten an, z. B. Helichrysum italicum, die auch so interessant riechen, leider aber nicht immer winterhart sind.

Und noch ein Spätsommer-Geheimtipp: Cyclamen purpurascens, so nennen die Botaniker das europäische Alpenveilchen, das früher auch so hieß: Cyclamen europaeum. Aber wie auch immer es genannt wird, sein Duft ist von edelstem Adel. Im Frühherbst folgt dann das Cyclamen hederifolium, das sehr viel leichter im Handel zu bekommen ist und im Duft nicht nachsteht. Aber, das europäische Alpenveilchen beginnt den Reigen!



Spätsommerdufter

Gehölze

Kiefernwälder
Fichtenwälder
die ersten reifen Äpfel und Birnen

am Wasser