Unser Lieben Frauen Bettstroh

Goldgelb im Chausseegraben, goldgelb an trockenen Wiesenhängen: Sommertage in der Jugendzeit. Noch mehr als das goldene Sommergewebe zieht der Duft dieser Wildstaude in seinen Bann. Honig! Animalisches! Süß-verführerisch. Pubertät, erste unerfüllte Liebe. Mein Vater wusste den Namen dieser Pflanze: Unser Lieben Frauen Bettstroh. Warum sagte er das mit einem Schmunzeln?

Eine Staude für den Garten?

In den Katalogen der Staudengärtnereien steht sie unter dem botanischen Namen Galium verum, das echte Labkraut. Man kann sie also kaufen, was vor allem in Regionen sinnvoll ist, in denen sie wild nicht oder kaum vorkommt. Sie gedeiht gut an vollsonnigen, trockenen Standorten mit sandigem Boden.

Werden all ihre Ansprüche erfüllt, dann kann sie sogar zu einem Wucherproblem werden. Aber in einer großen Steppenheide dürfte das erwünscht sein. Partner am Naturstandort sind die Zypressenwolfsmilch, Euphorbia cyparissias; Immortellen, Helichrysum arenarium; Sandgrasnelken, Armeria maritima ssp. elongata; Sandglöckchen, Jasione laevis; die gelbe große Fetthenne, Sedum telephium subsp. maximum und schließlich viele Trockenheit vertragende Gräser.

Dies nur zur Anregung, viele andere Kombinationen sind möglich, da Galium verum auch in kalkhaltigem Boden gedeiht. So ist auch der Heuhechel, Ononis spinosa ein denkbarer Partner. Da all die aufgeführten Wildstauden erst ab Juni zu blühen beginnen, wären aus Steppen stammende Wildarten von Allium und Tulipa eine schöne Ergänzung für das Frühjahr.

Zum Namen

Die Silbe „Gal“ kommt in der Botanik ein paarmal vor, z.B. Galanthus und Ornitogalum, also Schneeglöckchen und Milchstern. Wörtlich übersetzt heißt Galanthus Milchblüte und Ornitogalum Vogelmilch. Aber warum hat nun Galium mit Milch zu tun, hat es überhaupt etwas mit der Milch zu tun? Da hilft uns der deutsche Name Labkraut weiter und der „Marzell“: „Die Bezeichnung (Labkraut) bezieht sich darauf, dass die Pflanze gleich dem Lab die Milch zum Gerinnen bringt“. Und weiter steht im Marzell, dass Galium verum in Spuren Labenzym enthält. Damit ist auch bei dieser Pflanze der Bezug zur Milch hergestellt.

Den Namen „Unser Lieben Frauen Bettstroh“ haben schon botanisch ambitionierte Ärzte im 16. Jahrhundert benutzt, z.B. Hieronymus Bock (Kräuterbuch, erschienen 1539) und Leonhart Fuchs (New Kreuterbuch, 1543).

Dass Düfte von den Menschen sehr unterschiedlich empfunden werden, beweisen die Namen Stinkkraut (Dillkreis) und Hundsgeichel (Mittelfranken)! Weiter führt uns der alte Name Ferbkraut. Die Wurzel von Galium verum enthält nämlich einen roten Farbstoff und wurde früher zum Färben benutzt. Wieder ein Marzell-Zitat: „In Sizilien färben damit die Hirten den Käs gelb. Die Lettischen Bauern färben mit unserer Pflanze Stoffe .... mit den Blüten und Blättern gelb, mit den Wurzeln rot“.

Die Verwandtschaft

Rote Wurzeln: nicht von ungefähr kommt also die Bezeichnung Rötegewächse für die ganze Familie, oder Rubiaceen in botanischer Umschreibung. Dazu gehört die alte Färberpflanze Asperula tinctoria, der Färber-Meier.

Der Waldmeister, Galium odoratum gehört sogar in die selbe Gattung. Statt an sonnigen Trockenhängen wächst er aber im frühlingslichten Buchenwald. Nachdem er geblüht hat, schließt sich das Buchen-Blätterdach und der Waldmeister verschwindet. Dass angetrocknetes Waldmeisterlaub nach Kumarin duftet und man damit eine Waldmeisterbowle machen kann, ist wohl allgemein bekannt.

Nun aber zwei, ja vielleicht die wichtigsten Rötegewächse, wenn man es weltwirtschaftlich betrachtet. Cinchona officinalis und Chinchona pubescens sind die Chinarindenbäume. Aus ihnen wird das Chinin gewonnen, mit dem Malaria und andere Fieberkrankheiten bekämpft werden.

Aus dem äthiopischen Hochland kommt ursprünglich der Kaffee. Coffea arabica, auch ein Rötegewächs. Noch heute wird der wilde Kaffee in Äthiopien geerntet und exportiert! Kaffee duftet übrigens nicht nur als Getränk in der Tasse. Wem es gelingt, einen Kaffeestrauch zum Blühen zu bringen, der wird das bestätigen.

Zu guter Letzt noch eine Zierpflanze für das Gewächshaus oder die Fensterbank: Die Gardenie. Ihr Duft wird in den höchsten Tönen gelobt. Wenn man aber zu dicht an die Blüte herangeht, erinnert der Duft eher an Champignons und Pferdemist. So ist das gelegentlich mit den Düften!