Vorblüteschnitt (Chelsea Chop)
Nicht nur für englische Gärten ein toller Tipp – der Chelsea Chop
Wie viele gute Gartenideen hat diese ihren Ursprung in England, findet aber auch hierzulande immer mehr Anhänger. Das verwundert nicht, denn man kann mit der Rückschnitt-Technik des Chelsea Chop gezielt Wuchs und Blütezeit von Stauden verschönern und steuern. Seinen Namen bekam der Chelsea Chop, weil dieser im Frühsommer erfolgende gärtnerische Eingriff in etwa um die Zeit der berühmten Chelsea Flower Show durchgeführt wird. Allerdings sollte man das nicht allzu wörtlich nehmen, denn Pflanzen entwickeln sich je nach Jahresverlauf und Kleinklima von Region zu Region, manchmal sogar von Garten zu Garten, unterschiedlich schnell. Das bedeutet, dass man in milden, geschützten Lagen durchaus schon Mitte Mai schneidet, in raueren Gegenden aber bis in die ersten Junitage damit gewartet werden kann. Später sollte es dann aber nicht sein, weil der Wachstumsimpuls der Stauden später an Vitalität einbüßt.
Aber warum soll man überhaupt Pflanzen zurückschneiden, die gerade kraftvoll durchtreiben? Das klingt zunächst einmal widersinnig, ja geradezu pflanzenfeindlich. Und tatsächlich muss man sich beim ersten Mal fast ein wenig überwinden, ins frische, vitale Grün zu schneiden. Aber seien Sie sicher, die pflanzenliebenden Engländer würden es gewiss nicht tun, wenn der Erfolg ihrer klugen und wirklich sinnvollen Erfindung ihnen nicht recht gäbe.
Mehrere Gründe und verschiedene Anwendungsvarianten sprechen für den Chelsea Chop:
- Er sorgt für einen buschigeren Habitus, Pflanzen, die zum Auseinanderfallen neigen, bleiben danach kompakt
- Er verlängert die Blütezeit
- Er verschiebt die Blütezeit nach hinten und sorgt für noch üppigeren Blütenansatz
Und so funktioniert’s:
Wer kennt das nicht, manche Stauden wie hochwachsende Fetthennen (Sedum) entwickeln an einigen Standorten durch zu starke Düngung oder besonders nährstoffreiche Erde einen zu üppigen Wuchs und fallen dann unschön auseinander. Das lässt sich zuverlässig verhindern, wenn man die ganze Pflanze Mitte bis Ende Mai gleichmäßig rundherum um etwa ein Drittel zurückschneidet. Sie treibt aus den Blattachseln neu aus und wächst viel buschiger und sehr standfest nach. Die Blütezeit wird durch diese Maßnahme nach hinten verschoben und fällt deutlich üppiger aus.
Auch viele Glattblatt- und Raublatt-Astern (Aster novae-angliae und novi-belgii) profitieren von dieser Methode. Besonders Sorten, die manchmal sehr hoch und zu „langbeinig" werden, bleiben deutlich kompakter und standfester, auch hier entwickelt sich durch die vom Rückschnitt ausgelöste Verzweigung eine besonders reiche Blüte.
Eine zweite Variante ist der nur teilweise erfolgende Rückschnitt zur Erhaltung eines kompakten Wuchses - bei gleichzeitiger Verlängerung der Blütezeit. Katzenminzen (Nepeta) wie die schon ab Mai blühende Sorte 'Walkers Low ' sind hierfür besonders geeignet. Man nimmt ca. ein Drittel der Triebe kurz vor der Blüte gleichmäßig auf die Pflanze verteilt um ein Drittel zurück. So kommt die Staude trotzdem zur Blüte, während die eingekürzten Triebe aus den Blattachseln deutlich verzweigter neu austreiben, dadurch für einen geschlossen bleibenden Wuchs sorgen und dann einige Wochen später ebenfalls zur Blüte kommen, so dass man den gewünschten kompakten Wuchs mit der Verlängerung der Blütezeit kombinieren kann.
Eine hierzulande übliche, aber besonders bei ausladend wachsenden Katzenminzen für einige Zeit Lücken im Beet verursachende Alternative ist, nach der Blüte ca. Anfang Juli, also wesentlich später als zur Zeit des Chelsea Chops, komplett auf 10 cm herunterzuschneiden, was dann zu einer zweiten Blüte im Spätsommer/Früherbst führt.
Möglich ist es auch, die vordere oder hintere Hälfte einer Staude einzukürzen, um so eine zweite Blüte des nachtreibenden Bereichs zu erhalten. Da die pinzierte Fläche sehr schnell nachtreibt, sind die Schnittstellen nur wenige Tage zu erkennen.
Bei hohen Spätsommerblühern wie Phloxen (Phlox paniculata und amplifolia), Sonnenhüten (Rudbeckia und Echinacea), Staudensonnenblumen i.S. (Helianthus), Sonnenaugen (Heliopsis), Indianernesseln (Monarda), Sonnenbräuten (Helenium), aber auch bei hohen Dolden-Glockenblumen (Campanula lactiflora) sorgt das Zurücknehmen eines Drittels der Triebe für eine beachtliche Verlängerung der Blütezeit. Auch bei Wasserdosten (Eupatorium) ist das möglich, man sollte allerdings wissen, dass die sich dann entwickelnden Blütendolden zwar zahlreicher, aber auch kleiner und filigraner sind als ohne Rückschnitt. Alle so behandelten Pflanzen profitieren auch bei diesem Vorgehen vom positiven Effekt, dass sich die Stängel kräftiger und standfester entwickeln. Bei sehr wüchsigen hohen Sommerphloxen kann (muss aber nicht) der Rückschnitt des äußeren Blütenstängel-Kranzes um bis zu 50 % erfolgen. Einige Wochen nach der Hauptblüte erfreut dann eine reiche, gut verzweigte Nachblüte. Den Höhenunterschied gleichen die Stauden bis zum Blütezeitpunkt fast vollständig aus.
Sehr wichtig ist es, den Schnitt nicht bei länger anhaltender Trockenheit vorzunehmen. Die Pflanzen sollten ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt sein, nur dann können sie wieder kraftvoll durchtreiben.
Ausgenommen von dieser Methode sind allerdings zarte, schwachwüchsige Stauden, die man lieber in ihrem natürlichen Rhythmus belässt.
Wer gärtnerisch noch wenig Erfahrung hat oder sich nicht recht sicher ist, wie weit er bei seinen Stauden gehen sollte, versucht es erst einmal behutsam mit einigen Schnitten bei besonders robusten und vitalen Stauden – da kann man den Effekt in Ruhe beobachten und es wird ganz sicher nichts schiefgehen!