Der Frühsommer und seine Gerüche

Phänologisch betrachtet beginnt der Frühsommer mit der Hollerblüte. Und er endet mit der Blüte des Liguster. Nun sage keiner, der Holunder sei keine Duftpflanze! Alles am Holunder riecht, das Holz, die Blätter und die Blüten. Manche sagen, der Holler stinkt. Aber wie auch immer, es sind markante Gerüche, die einen wohltuenden Hintergrund für feinere Düfte abgeben, etwa für Rosen.

Der Liguster als Endpunkt dieser Sommerphase gibt natürlich duftmäßig eine Menge her, aber auch dieser penetrant schwere und süße Duft ist nicht jedermanns Sache. Optisch, nur optisch fällt die Mohnblüte in diese Jahreszeit auf: der Klatschmohn auf umgebrochenem Land oder zwischen Getreide, aber gleichzeitig auch der türkische Staudenmohn in den Gärten. Auf Wiesen und Weiden blühen viele Gräser, auf dem Ackerland als erstes Getreide der Winterroggen. Ein Schauspiel besonderer Art ist gegen Ende des Frühsommers die Kartoffelblüte, leider auch ohne Duft.

Die große Zeit der Rosen beginnt

Gleich nach dem Holler folgt die Heckenrose und mit ihr die etwas früheren Rosen in den Gärten. Es wäre so einfach, vom Rosenduft zu schreiben. Doch den Rosenduft gibt es nicht. Es sind Tausende von Düften! Nur auf ein Phänomen sei hingewiesen: die alten Rosen, die bis Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, duften lieblich, würzig und sehr vielseitig, während die danach gezüchteten Rosen einen völlig anderen Duftcharakter haben, der eher obstig, ja himbeerartig erscheint. Da muss eine Rosenart eingekreuzt worden sein, die die alten Düfte total überdeckt.

Und im Staudengarten wird es immer aufregender

Die Pfingstrosen öffnen ihre Blüten; und darunter ist kaum eine, die geruchlich uninteressant wäre. Die frühen Paeonien, Paeonia officinalis, riechen zwar ein wenig nach kalter Zigarrenasche, bei den Zuchtformen davon verbessert sich der Eindruck aber deutlich. Eine Duftfreude erster Güte aber bereiten uns die chinesischen Paeonien, Paeonia lactiflora, die man eigentlich nicht mehr Pfingstrosen nennen kann, weil sie viel später blühen.

Die Nelkenzeit ist gekommen

Herb-würzig, etwas trocken, aber lieblich duftet es an den besonders sonnigen Stellen im Garten, die wir den Nelken vorbehalten haben. Sie sind Gebirgskinder, lieben den Stein und mineralreichen Untergrund, auf Humus können sie fast verzichten. Und da stehen nun ihre blaugrauen Polster und sehen das ganze Jahr hindurch prachtvoll aus. Den Anfang machen die Hybriden von Dianthus gratianopolitanus, die sogenannten Pfingstnelken. Es folgen die Federnelken, Dianthus plumarius. Und da sei angemerkt, dass die alte weiße gefüllte Sorte 'Alba Plena' besonders gut und intensiv duftet.

Ganz andere Ansprüche stellen die bei uns meist zweijährigen Bartnelken. In wärmeren Regionen sind auch sie ausdauernde Stauden. Wohl fühlen sie sich auf gutem humosen Gartenboden, wachsen und gedeihen, z. B. auch auf Gemüseland, wo man sie für die Vase schneiden kann. Ihr Duft ist nicht ganz so lieblich wie bei den zuerst genannten Arten, aber bemerkenswert und nelkentypisch ist er schon.

Und noch zwei ganz wunderbar duftende Gehölze

Auf sandigen und sonst ziemlich unfruchtbaren Böden haben sich die Robinien hemmungslos ausgebreitet, z.B. in Brandenburg und Mecklenburg. Diese aus Amerika kommenden Schmetterlingsblütler duften so angenehm und intensiv, dass bei frühsommerlichem Ostwind Berlin ganz voll dieses Duftes ist. Übrigens kann man die Blüten in Eierkuchenteig ausbraten. In jeder einzelnen Blüte stecken ein paar Tropfen Nektar und steigern den Genuss. Das Gleiche wird ja bekannter Maßen auch mit Hollerblüten gemacht, das nennt sich dann Hollerkücherl.

Und wenn wir die wesentlichen Düfte des Frühsommers aufzählen, dann darf der Wein auf keinen Fall fehlen. Es muss ein Hochgenuss sein, in der Nachbarschaft von Weinbergen zu wohnen, wenigstens während der Blüte: säuerlich-frisch, ja sektartig ist ihr Duft. Aber die Weinrebe am Haus tut es auch. Und wenn kein richtiger Wein gedeihen mag, so gibt es den Duftwein, Vitis riparia, der zwar keine essbaren Trauben bringt, aber noch toller duftet als der echte Wein.

 

Frühsommerdufter

Gehölze in freier Natur

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Kurzlebige