Garantiert nicht heimisch:
das Argentinische Eisenkraut (Verbena bonariensis)
Ein Beitrag von Michael Schwerdtfeger
Ich bin durch und durch Öko- und Naturgärtner. Für mich sind Gärten potentielle Ersatzhabitate für zahllose Insektenarten, die in unserer totgespritzten Agrarlandschaft keine Lebensräume mehr haben. Und es steht auch außer Zweifel, dass unsere Blütenbesucher mit den Pflanzengattungen und Familien der mittel- und südeuropäischen Flora mehr anfangen können als mit Palm- und Fackellilien (Yucca und Kniphofia), Taglilien oder Lampenputzergräsern (Hemerocallis und Pennisetum) – so klimatauglich diese auch sein mögen.
Und dennoch bin ich keiner der unausstehlichen Öko-Prediger, die in den Gärten alles verteufeln, was nicht »heimisch« ist – nebenbei: Was ist schon »heimisch«? Zwei der beliebtesten Insektenmagneten sind Mannstreu (Eryngium planum) und Steppensalbei (Salvia nemorosa). Beide sind Pflanzen sommerwarmer Steppenstandorte Ost- und Südosteuropas und als Wildpflanzen in Deutschland so extrem selten, dass die meisten unserer Insekten sie garantiert noch nie in freier Natur gesehen haben. Sind sie »heimisch«?
Daher will ich auch in meinem Vollblut-Öko-Wildstauden-Insektengarten auf einige Exoten nicht verzichten – und mein unbestrittener Favorit in dieser Hinsicht ist das Argentinische Eisenkraut (Verbena bonariensis). So lange ich irgend dazu in der Lage bin, werde ich jedes Frühjahr mindestens hundert Jungpflanzen aus Samen heranziehen, um sie überall im Garten auszupflanzen: zwischen den Stauden, im Nutzgarten zwischen Salat und Mangold, unter den Tomaten. Oder als Massenpflanzung an vollsonnigen Ehrenplätzen.
Man kann auch 20 Stück dicht an dicht in einen großen Kübel setzen und ihn auf die Terrasse stellen, um sich den ganzen Sommer lang an den Schmetterlingen zu freuen. Über die Farbwirkung der satt violetten Blütenschirme, die unermüdlich von Frühsommer bis zum Frost erscheinen, brauche ich kein weiteres Wort zu verlieren. Es geht mir hier um die geradezu »magische« Anziehungskraft des Nektars auf Blütenbesucher der verschiedensten Insektengruppen. Als Pollenquelle für Wildbienen, von denen viele ja auf ganz bestimmte Pflanzengattungen spezialisiert sind, spielt Verbena freilich keine Rolle, dafür ist diese Latina denn doch zu exotisch. Um so mehr dienen die Pflanzen jedoch als nie versiegende Nektartankstelle für Honigbienen, Hummeln und andere Wildbienen, Tag- und Nachtfalter. Selbst die großen, schweren Holzbienen mit ihrem hohen Energiebedarf kommen an den Blüten auf ihre Kosten, regelmäßig sieht man Taubenschwänzchen im Schwirrflug über den Dolden stehen, und im Spätsommer sind es Hummelmännchen verschiedener Arten, die, ganz ohne die geschäftige Eile der weiblichen Sammlerinnen, auf den Blütenständen »chillen« und sich stärken.
Einige der oben erwähnten Öko-Puristen sehen in jedem Exoten einen potentiell invasiven Neophyten. Zugegeben: ausgeschlossen ist nichts, und so sind dank des menschengemachten Klimawandels mittlerweile nicht nur Holzbienen, sondern auch Gottesanbeterinnen in ganz Deutschland zu finden. Auch Verbena bonariensis kommt – obwohl aus Südamerika stammend – bei uns immer besser durch den Winter, bzw. keimt im Beet aus den Samen des Vorjahres. Ein invasiver Neophyt muss sie ja dennoch lange noch nicht werden. Wie auch immer: um der Insekten willen möchte ich kein Jahr auf sie verzichten!
Text und Fotos: Michael Schwerdtfeger