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Die »zeitlosen« Gärtner

Text: Christian Seiffert
Fotos (Narcissus poeticus 'Actaea' und kleines Schneeglöckchen): Christian Seiffert
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer

Zeit ist nicht erst seit Einstein ein dehnbarer Begriff. Schon Morgensterns Korf (»Korfs Verzauberung«) erfand eine mimosisch-zarte Uhr, die jedem die Wunschzeit anzeigt, dem einen geht sie schnell, dem anderen bleibt sie fast stehen. Schöner kann man nicht illustrieren, wie unterschiedlich Zeit empfunden wird. Da ist jemand am Fließband, dessen Feierabend nur schleichend näher kommt, da ist die Studentin, der bei ihrer Diplomarbeit die Tage davonrasen.

Ganz außergewöhnlich und vielseitig ist der Begriff Zeit mit dem Gärtnerberuf verbunden. Die Pflanzen sind nämlich Geschöpfe auch der Zeit. Tag- und Nachtlänge bestimmen ihre Entwicklung und Blüte, die Jahreszeiten entscheiden über Wachstum und Reife. So müssen sich die Arbeiten der Gärtner, wie bei anderen grünen Berufen auch, der Zeit anpassen – im doppelten Sinne des Wortes. Der Arbeitskalender ist bis zur letzten Seite gefüllt mit Tätigkeiten, die zeitgebunden sind, sich nicht verschieben lassen: Aussaattermine, Pflanztermine, Umpflanztermine, Schnitt, Ernte, etc. etc.. Viele der Gärtnerarbeiten greifen vor. Man muss im Herbst an den Frühling des kommenden Jahres denken. Es ist »Asternzeit« und doch muss man sich beim Zwiebelverstecken Tulpen und Narzissen vergegenwärtigen. Im Frühjahr hingegen muss Vorarbeit für Spätsommer und Herbst geleistet werden. Diese Vorwegnahmen lassen das Jahr rasen, so als müsse man im April schon Weihnachten planen.

Gefühlt ist das Gärtnerjahr viel zu kurz. Denn wer ständig auf die Natur-Uhr schaut und schauen muss – auch wir Garten-Laien machen das – eilt von Ereignis zu Ereignis, »zerhackt« und verkürzt empfunden das Jahr. Die Phänologie ist eine wunderbare Entdeckung, aber man hetzt damit gewissermaßen durch das Jahr. Gerade erst blühte der Holler (Sommeranfang) und schon reifen seine Früchte (Herbstanfang). Oder der Apfelbaum steht in voller Blüte (Beginn des Vollfrühlings) und schon blüht die weiße Lilie (Hochsommer). Aber es gibt doch die wunderbare Ruhezeit, den Winter, mit gefrorenem Boden und einer Schneedecke, die die anstehenden Arbeiten freundlich verhüllt?! Diese altmodischen Winter kommen zwar noch an den Alpen vor, sind aber sonst sehr rar geworden. Der Klimawandel hat den Winter vorn und hinten beschnitten, der Herbst wird immer länger, das Frühjahr beginnt immer zeitiger und gebärdet sich launisch. Der Winter dazwischen verspricht, was er nicht hält.  


Und nun kommen Ungeduld und Neugierde mit ins Spiel. Beide Begriffe, wer hat das als Kind nicht erlebt, verlängern die Zeit bis zur Unerträglichkeit. Noch liegen Im Garten die Überreste von Silvester, da bin ich schon auf der Suche nach den ersten Cyclamen. Oder zeigen sich vielleicht schon die Winterlinge? Nun, ein Gärtner, eine Gärtnerin wird sich nicht durch Ungeduld treiben lassen. Wir wissen, alles in der Pflanzenwelt braucht seine Zeit. Neugierde jedoch gehört zum Beruf, der Wunsch zu entdecken, in der weiten Welt oder bei Kollegen, oder auch das Experimentieren, sind den Gärtnerinnen und Gärtnern angeboren, dafür haben sie nun doch Zeit. Ein namhafter Gärtner sage einmal ein Leben sei für den Gärtner zu kurz. Wer immer das aussprach, ich finde da ist was dran.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text: Christian Seiffert
Fotos (Narcissus poeticus 'Actaea' und kleines Schneeglöckchen): Christian Seiffert
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer