Der Zauber des Herbstes

Text: Antje Peters-Reimann
Bilder / Fotos:
Weiße Chrysantheme: Egon_Schiele, 1910. Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain
Chrysanthemums: Mary Elizabeth Duffield, Quelle: Wikimedia Commons, Creative Commons Namensnennung 2.0 unportiert
Chrysanthemum Show, 5. November 1925: Library of Congress (USA), Quelle: Wikimedia Commons, keine Einschränkungen

Chrysanthemen gehören zu den letzten Blumen, die den herbstlichen Garten mit ihren Blüten erfreuen. Dass sie Mitte des 19. Jahrhunderts aus Japan zu uns gelangten, verdanken wir dem schottischen Gärtner und Forschungsreisenden Robert Fortune (1812-1880). In Japan sind die schönen Blumen seit dem 12. Jahrhundert ein Sinnbild für Land und Kaiser, der das Land von seinem »Chrysanthemen-Thron« aus beherrscht. Wegen dieser hohen Symbolkraft war es früher auch dem einfachen Volke verboten, Chrysanthemen im Garten anzupflanzen. Die ursprüngliche Heimat der Chrysantheme ist jedoch nicht Japan, sondern China. Dort gilt sie als Botin des Herbstes und als Symbol für ein langes Leben. Darum ranken sich auch zahlreiche Legenden, die empfehlen, ihre Blüten zu verspeisen, zu betrachten oder in einer Landschaft mit vielen wilden Chrysanthemenblüten zu leben, um in den Genuss eines hohen Alters zu gelangen. Vielleicht aufgrund ihres späten Blütezeitpunktes ist die Chrysanthemen ein Symbol des Bestrebens, auch in schwierigen Situationen die Schönheit zu bewahren. Chinesen wie Japaner begehen übrigens am 9. Tag des 9. Monats ein Chrysanthemenfest und in Japan wird der Brauch gepflegt, an diesem Tag aus einer Sake-Schale zu trinken, in der eine Chrysanthemenblüte schwimmt.

In unseren Breiten hatte es die weiße Chrysantheme lange Zeit nicht gerade leicht: Da sie als »Friedhofsblume« galt, war sie außerhalb des Rahmens von Beerdigungen und Totengedenktagen quasi unverkäuflich. So schrieb Rainer Maria Rilke etwa: »Das war der Tag der weißen Chrysanthemen, mir bangte fast vor seiner Pracht«. Doch als die Züchter sich der Pflanze annahmen und auch ungefüllte und pastellfarbene Sorten auf den Markt brachten – und die Chrysanthemen sich damit von ihrem ursprünglichen Aussehen weit entfernt hatten – ließen sie sich endlich unters Volk bringen: Als Ansteckblume bei Bällen, die man sogar zu ihren Ehren eigens veranstaltete, war sie bald »der Renner«.

Bei all diesen Züchtungsbemühungen fand man übrigens heraus, dass die Chrysanthemen an Tagen mit vielen Lichtstunden ihre Kraft ins Längenwachstum investieren und erst dann, wenn die Tage wie jetzt wieder kürzer werden, Knospen und daraus schließlich ihre filigranen Blüten bilden. Indem findige Gärtner ihre Gewächshäuser verdunkelten, ließ sich der Blütezeitpunkt der Chrysanthemen variabel auch auf andere Zeiten im Jahr verlegen, und die ostasiatischen Schönheiten waren nun rund ums Jahr zu haben – getreu der Devise »Chrysanthemum year round«. Was für Blüten gärtnerischer Ehrgeiz doch treibt!

Erfahren Sie mehr über Chrysanthemen:
Chrysanthemen: Aparte Blüten im Spätherbst
Gartenmagazin: Winterastern

Antje Peters-Reimann
Antje Peters-Reimann ist Gartenhistorikerin und Journalistin in Essen. Sie hat sich der Geschichte der Gartenkunst verschrieben und berichtet berichtet über bekannte und unbekannte Gärten und ihre Schöpfer und erzählt spannende »grüne Geschichten«!...
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Text: Antje Peters-Reimann
Bilder / Fotos:
Weiße Chrysantheme: Egon_Schiele, 1910. Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain
Chrysanthemums: Mary Elizabeth Duffield, Quelle: Wikimedia Commons, Creative Commons Namensnennung 2.0 unportiert
Chrysanthemum Show, 5. November 1925: Library of Congress (USA), Quelle: Wikimedia Commons, keine Einschränkungen