Der Erstfrühling im Auenwald

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Wo sind die Leucojen des Vorfrühlings geblieben? Ihre schweren, noch grünen Fruchtkapseln liegen am Boden und sind verborgen unter einem dichten Blätterdach. Eine neue Wachstums- und Blühphase, mehr Wärme und Licht fordernd, das sie nun Ende März, Anfang April auch bekommen, hat sich ausgebreitet. Dicht bei dicht spitzen die Blätter des Bärlauchs aus dem Boden, seine Blüten aber erscheinen erst im Vollfrühling. Aus dem üppigen Grün tauchen nun die Buschwindröschen, Anemone nemorosa, auf. Immer dominant, schon wegen ihrer auffällig weißen Blüten. Daneben aber gibt es noch das Gelbe Buschwindröschen, Anemone ranunculoides. Die gelbe Anemone, in etwas geringerer Stückzahl, meidet nicht etwa die Nachbarschaft des weißen Buschwindröschens, sondern tritt mit ihm gemeinsam auf. So gibt es gelbe Partien im vor allem weißen Umfeld. Trotz der Nähe ist es in diesem Auenwald noch zu keiner Kreuzung der beiden Arten gekommen, wie etwa bei Leipzig und in vielen anderen Landschaften, wo Anemone x lipsiensis entstand. Das ist eine sehr aparte hellgelbe Hybride, die weitgehend steril ist.

Aber zurück zu unserem Auenwald. Da begeistern also die großräumig vorkommenden Anemonen. Erstfrühlingsblüher jedoch, die anderen Orts in Massen auftreten, machen sich im Auenwald rar. So färbt das Leberblümchen, Hepatica nobilis, hier in der Gegend die Ränder mancher Buchenwälder blauviolett, während sich im Auenwald nur einzelne Exemplare, dann allerdings sehr wirkungsvoll, im weißen Anemonenmeer in Szene setzen. Auch das Lungenkraut, Pulmonaria officinalis, ist wohl überall nur ein Einzelgänger. Als Kostbarkeiten erscheinen die raren Himmelschlüssel, Primula elatior, die sonst auf feuchten Wiesen in Massen auftreten können. Zuletzt noch eine Art, die auf Grund ihres massiven Auftretens kaum andere Arten neben sich duldet: Die Pestwurz, Petasites hybridus, deckt später im Jahr ihr Revier dicht mit ihren großen Blättern zu. So erscheint das isolierte Pestwurz-Vorkommen in der sich sonst schnell wandelnden Artenvielfalt wie eine Insel.

Was sich in diesem Hartholz-Auenwald im Vollfrühling tut, erfährt der verehrte Leser in der Folge Drei.


Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert