Duftende Hosta

Es hat viele Jahrzehnte gedauert, bis ich mit den Funkien einigermaßen ins Lot gekommen bin. Sie wirkten auf mich immer altmodisch, gutbürgerlich, Villen- und Stadthaus-Vorgarten-mäßig. Ich sah in ihnen Stauden, bei denen die Züchter sich hemmungslos an allen nur denkbaren Blattvarianten ergötzten, die zeitlich sehr begrenzte Blüte aber vernachlässigten: Ein verwaschenes Lila, mehr nicht.

Das Verhältnis zur Funkie verbesserte sich, als ich den Hansenschen Staudensichtungsgarten in Freising kennen und lieben lernte. Was doch die richtige Verwendung, der richtige Standort ausmachen! Statt der verstaubten Vorgartenfüller dort auf einmal lebende, kraftstrotzende Stauden. Stauden, nun am Gehölzrand, im Haselhain, vergesellschaftet mit Waldstauden, mit Farnen, mit Astilben und vielem mehr. Hansen nannte sie nicht mehr Funkien, sondern Hosta. Und er gab mir gleich einen wichtigen Tipp: Pflanzen Sie die Hosta zusammen mit Lerchensporn. Corydalis cava z. B. blüht, wenn von der Hosta noch nichts zu sehen ist. Und wenn die Hosta dann endlich, sehr spät, austreibt, zieht sich der Lerchensporn zurück.

Zum Namen

Funkie wie Hosta sind reine Kunstnamen. Hosta wurde die Gattung 1812 nach dem kaiserlichen Leibarzt in Wien, Nikolaus Thomas Host, genannt. 1817 – fünf Jahre später – erhielt sie von einem anderen Botaniker den Namen Funkie nach Heinrich Christian Funck, einem Apotheker aus dem Fichtelgebirge (daher auch die z. T. gebräuchliche Schreibweise Funckie). Da korrekt immer auf die Erstbenennung zurückgegriffen werden muss, es sei denn, neue Erkenntnisse machen einen neuen Namen erforderlich, nennen die Botaniker diese Gattung heute wieder Hosta. Volkstümliche Namen aber sind »Herzlilie«, »Lilienblatt« und »Stolze Damen«. Dieser letzte Name stammt aus der Batschka in Jugoslawien und bezog sich speziell auf Hosta plantaginea, eine Art, auf die gleich ausführlicher eingegangen werden soll.

...und zur Herkunft

Zu Haus sind die etwa 50 Arten in Ostasien, in China, Korea, auf der Halbinsel Sachalin und vor allem in Japan, wo auf der Zentralinsel allein 23 Arten vorkommen (Die Freiland-Schmuckstauden, Ulmer 2002). Sie wachsen dort in Wiesen, im Gebüsch, manche in Flussauen, andere in feuchten Felsen. »Im Chausseegraben« haben mir Japanreisende erzählt! Kein Wunder wohl auch, dass Hosta in China und Japan alte Kulturpflanzen sind. Vermutlich wurden daher zunächst Kultursorten nach Europa eingeführt.

Manche Hosta duftet!

Und da kommen wir wieder auf Hosta plantaginea zurück, die »Stolzen Damen«. Es hat sehr lange gedauert, bis ich meine Hosta plantaginea endlich zum Blühen brachte. Schuld war u. a. meine Unkenntnis, dass diese Art mehr Sonne und Wärme braucht und verträgt, als die übrigen Arten und Sorten. Bei mir im Halbschatten ging es langsam voran, wobei die Schnecken dazu erheblich beitrugen. Inzwischen bildet sie einen großen Horst mit einem Durchmesser von 80 cm. Und im August zeigt sie strahlend weiße Lilienblüten an etwa 60 cm langen Stielen. Die Sorte oder Auslese heißt 'Grandiflora'. Der Duft, vor allem morgens und abends, ist intensiv, lieblich-blumig und dabei frisch. Die Frische unterscheidet den Hosta-Duft vom Lilien-Duft, der eher schwer, manchmal dumpf erscheint. In seinen Duftqualitäten ähnelt der Hosta-plantaginea-Duft dem Duft der Taglilien, z.B. Hemerocallis lilioasphodelus. Mit Hosta plantaginea als Elternteil sind mehrere Sorten entstanden. Sie alle duften mehr oder weniger. So die Sorten 'So Sweet', 'Sweet Susan', 'Royal Standard'.

Unerwartete Erfahrungen

Im Frühjahr pflanzte ich mehrere Hosta plantaginea-Sorten in Brandenburger Sand. Die Niederschläge waren in diesem Jahr dort noch geringer als in Süddeutschland. Trotzdem: Alle Hosta blühten schon in diesem Jahr und hatten einen erstaunlichen Zuwachs. Nur haben die lange Hitze und die starke Sonnenstrahlung die Blätter etwas ausgeblichen. Für die Schönheit des Hosta-Laubes ist zu viel Hitze und zu viel Sonne abträglich.

Zuletzt etwas über verwandtschaftliche Verhältnisse

Ich glaubte immer, die Hosta gehöre zur Familie der Liliengewächse. Doch weit gefehlt. Heute sind sie eine eigene Familie, gehören zu den Hostaceen. Und die gehört zur Ordnung der Asparagales, also der Spargelähnlichen. Zur selben Ordnung gehören die Hemerocallis und die Allium-Arten. Aber muss uns das als Gärtner und Gartenfreunde wirklich beeindrucken? Was uns die Gattung via Auge und Nase sagt, ist doch wohl entscheidender, oder?

 

Text von Christian Seiffert