Wunderbare Wunderblumen

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Nyc-ta-gi-na-ce-ae – das ist schon Botanik für Fortgeschrittene. Dem Normalgärtner muss die kleine tropische Pflanzenfamilie der Wunderblumengewächse in der Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) nicht geläufig sein. Dem Kenner fallen vielleicht die prächtigen Bougainvilleen ein, die die Mauern der Hotelanlagen am Mittelmeer und auf den Kanaren schmücken – und die Wunderblume Mirabilis jalapa!

Der klangvolle botanische Name leitet sich (wie übrigens auch die Jalapeños!) von Xalapa = Jalapa, der Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Veracruz ab, jedoch ist die bunte Amerikanerin mittlerweile weltweit in den Tropen und Subtropen heimisch geworden. Und »mirabilis« (= wunderbar) schien wohl, dass es innerhalb dieser einen Species alle Farben von blendend weiß über vanillecreme, leuchtend gelb, klar babyrosa bis grell rotviolett gibt.
Diese Formen lassen sich natürlich kreuzen, und die Sämlinge blühen dann an ein- und derselben Pflanze oft mit wunderbar mehrfarbigen, einfarbigen und gesprenkelten Blüten.

Deshalb hat die Pflanze auch Biologiegeschichte geschrieben: Nachdem die Entdeckung der Vererbungsgesetze durch Pater Gregor Mendel seinerzeit kaum Beachtung fand, hat sie Carl Correns um 1900 herum wiederentdeckt – unter anderem anhand von Kreuzungsversuchen mit der Wunderblume.

Die Samen sind wie Handgranaten geformt, und daraus lassen sich die Mirabeln in jedem Frühjahr einjährig ziehen wie Tagetes und Kapuzinerkresse. Wenn wir uns aber in einzelne Farbindividuen verlieben, können wir die schwarzen Rübenwurzeln wie Dahlien überwintern und erhalten dann immer stärkere Pflanzen. Und eines ist sicher: wir werden uns verlieben!

Michael Schwerdtfeger
Vollblutbiologe Dr. Michael Schwerdtfeger, geboren 1964 im plattdeutschen Flachland zwischen Weser und Lüneburger Heide, träumte er von Sielmann und Grzimek, von Abenteuern mit Pflanzen und Tieren in fremden Ländern.
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Text und Fotos: Michael Schwerdtfeger