Man freut sich über jede Wespe

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Das farbige Spiel der sommerlichen Blumen fand immer ein Spiegelbild in den darüber gaukelnden Faltern. Beide gehörten zusammen, beide brauchten einander. Ohne die Schmetterlinge - wie in diesem Jahr 2018 -wirkt der Sommer unvollkommen. Aber so ganz ohne Schmetterlinge ist der Sommer ja doch nicht. Noch nie habe ich derart viele Kohlweißlinge wahrgenommen. Da ihre Raupen auf Kreuzblütler (Brassicacaea) angewiesen sind, kann man das mit dem umfangreichen Rapsanbau erklären. Der Raps aber ist längst geerntet, saftige Jungpflanzen stehen erst wieder ab Ende September zur Verfügung. In der Zwischenzeit werden die Kohlweißlinge ihre Eier in den Gemüsegärten an Kohl und Co. ablegen.

Die anderen Tagfalter sind kostbare Einzelgänger. Selbst die sonst häufig auftretenden Pfauenaugen und Füchse fehlen. Ein Zitronenfalter-Pärchen umkreiste sich liebestoll vor ein paar Tagen über den Kronlichtnelken. Wir haben das wie ein Fest empfunden.

Doch es fehlen nicht nur die Schmetterlinge. Wo bleiben die Schwebfliegen, wo die sonst im Sommer auftretenden vielen verschiedenen Wespenarten, wo Hornissen und die kleinen Wildbienenarten?
Ich lese gern abends im Bett vor dem Einschlafen. Das Fenster blieb dabei natürlich geschlossen, damit die nachtaktiven Insekten nicht ins Schlafzimmer flogen. Im Dunkeln erst wurde das Fenster geöffnet. Heute, und das schon seit April, lese ich im Bett bei sperrangelweit geöffnetem Fenster. Ist auch die Nacht entvölkert worden?

Leide ich unter Hysterie, übertreibe ich maßlos? Manchmal, wenn ich eine Hummel entdecke, dann sage ich mir, sieh da, es ist noch nicht alles so schlimm. Hummeln und Ameisen scheinen die widerstandsfähigsten Mitbewohner unserer Gärten zu sein. Dann aber suche ich nach einem Marienkäfer, nach einem Junikäfer. Lilienhähnchen, die immer eine Plage waren, haben uns in diesem Jahr verschont. Weder an den Kaiserkronen noch später an den Lilien war einer der „schönen“ kleinen roten Käfer zu finden. Und das perverseste: Wir haben nicht mal Blattläuse im Garten!!

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert